Egal ob im Fernsehen, Radio oder Social Media, das Wort Krise springt uns gerade ständig entgegen. Spannend ist, das genau dieses Wort eine Urangst in unserem Unterbewusstsein triggert. Alleine das Wort lässt in uns die Alarmglocken klingeln und löst eine Art Fluchtreflex in uns aus. Dieser Fluchtreflex war in der Steinzeit durchaus hilfreich, weil er uns vor dem Säbelzahntiger rettete. Wenn dieser Fluchtreflex ausgelöst wird, schüttet unser Körper Stresshormone aus und stellt damit ein hohes Maß an Energie zur Verfügung, damit die Flucht auch tatsächlich gelingen kann. Hier und heute, mitten in einer Pandemie, ist er eher hinderlich. Wo sollen wir hinfliehen wenn sich überall auf der Welt das Gleiche Bild zeigt? Wo sollen wir hin mit all der Energie, die unsere Körper permanent produziert, wenn Sport nur begrenzt möglich ist?
Unser Stresslevel ist seit März auf einem hohen Niveau und hat kaum Chancen sich abzubauen, weil wir permanent mit neuen Nachrichten und neue Verordnungen konfrontiert werden. Kurzzeitig ein hohes Stresslevel zu haben ist kein Problem für uns und unseren Körper. Stress der über einen längeren Zeitraum anhält hat irgendwann Auswirkungen auf unseren Körper. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenbeschwerden und Schlafprobleme sind die klassischen körperlichen Stresssymptome. Um den Stresslevel wieder zu senken hilft Bewegung und sich für einige Zeit der Situation zu entziehen, die uns Stress macht. Beides ist gerade aktuell nicht oder nur begrenzt möglich. Wie können wir es trotzdem schaffen unser Stresslevel zu senken?
Innere Zufriedenheit
Wir können gerade alle nichts an der Situation ändern und müssen lernen damit zu leben. Wir können lernen im Frieden mit uns selbst zu sein und mit dem was gerade möglich ist. Wir können unsere innere Frequenz erhöhen und mehr Verbundenheit leben, anstatt Getrenntheit. Verbundenheit können wir auch virtuell leben - im Videochat mit den Freunden, im online Yoga, im Webinar. Zufriedenheit finden wir immer in uns selbst und nicht im Außen. Unser Leben ist ganz oft darauf ausgerichtet, die Zufriedenheit erst zu finden, wenn wir die Bestätigung und die Anerkennung von anderen bekommen. Dabei ist der einzige Mensch, der Dir wirklich Anerkennung geben kann, Du selbst.
Im Yin Yoga habe ich über die Jahre gelernt, das loslassen nicht bloß eine Worthülse sind sondern tatsächlich funktioniert, wenn wir bereit sind uns darauf einzulassen. Yin Yoga hat mich gelehrt auf meinen Körper und seine Bedürfnisse zu achten und mich selbst wieder wirklich wahrnehmen zu können. Wenn Du in einer Yin Yoga Position bist und über Deine 60% Dehnung hinaus gegangen bist, wird Dein Körper sehr sicher beim Auflösen der Position mit Schmerz reagieren. Wenn Du Dich so einrichtest, dass Du nicht über Deine Grenze gehst wirst Du beim Auslösen der Position, ein angenehmes und entspanntes Gefühl haben. Yin Yoga lässt sich für mich ganz wunderbar auf das Leben übertragen. Wir sind viel zu oft, viel zu hart mit uns selbst. Hetzen von Termin zu Termin, von Deadline zu Deadline, von ToDo zu ToDo, geben über 100% und bemerken am Ende des Tages erst wie erschöpft und kraftlos wir eigentlich sind. Wenn wir mehr im Yin-Modus unterwegs sind und bei angenehmen 60% bleiben, haben wir genug Luft um immer dann Pausen zu machen, wenn unser Körper uns das Signal dazu gibt. Wir haben die Zeit wirklich wahrzunehmen, wieviel gerade möglich ist und werden am Ende wahrscheinlich sogar produktiver sein und zudem weniger erschöpft am Abend.
Lockdown - ein emotionaler Kraftakt
Dieser zweite Lockdown wird für sehr viele zu einem emotionalen Kraftakt. Existenzen stehen auf dem Spiel, die Angst das Eltern oder Großeltern erkranken, vielleicht auch die Angst selbst zu erkranken, Sorge um die Kinder, die in den Schulen gezwungen werden weiterhin dicht an dicht sitzen, Sorgen um die, die die Einsamkeit zu überrollen droht. Das alles mitten im November, dem Depressionsmonat Nummer 1. Wir sind während des Lockdowns mit einer permanenten Reizüberflutung konfrontiert. Alle Aktivitäten die vorher offline stattgefunden haben und dem Stressabbau gedient haben, finden nun online statt. Wir sind noch häufiger im Internet unterwegs, als wir es je waren. Wir werden einer wahren Informationsflut ausgesetzt. Vollkommen egal, ob wir den Fernseher anmachen, das Handy zur Hand nehmen oder die Zeitung aufschlagen, überall werden wir mit dem Thema Corona konfrontiert. Die Augen davor zu verschließen ist quasi unmöglich. Wir sind permanent im Außen unterwegs und noch weniger bei uns selbst.
Wir sind es gewohnt in einer schnellen Welt zu leben. Auf emails bekommen wir sofort eine Antwort genauso wie auf WhatsApp. Wir sind es gewohnt bei allem was wir machen, sofort eine Reaktion zu erzeugen oder zu bekommen. Yoga lehrt uns, das es anders funktionieren kann. Yoga lehrt uns, dass es nicht wichtig ist ob die Nase in der Vorbeuge auf den Knien landet. Viel wichtiger ist, das wir die eigenen Grenzen anerkennen und unserem Körper genau zuhören. Viel wichtiger ist, die Außenwelt für einen Moment auszublenden und ganz bei uns selbst anzukommen. Wenn wir das schaffen, werden wir merken, dass sich unsere Grenzen ganz automatisch immer und immer wieder ein kleines Stückchen verschieben. Der Weg ist das Ziel, sagte schon Laotse. Im Yoga geht es nicht darum mit der Nase die Knie zu berühren, sondern darum was Du auf dem Weg dorthin lernst. Und auch das können wir wieder ganz wunderbar auf unser Leben übertragen. Versuche weniger im Außen unterwegs zu sein und Dir wirklich mehr Zeit für Dein Innen zu nehmen. Stell das Handy für mind. 1 Stunde am Tag auf den Flugmodus, lass Radio und Fernseher aus und beschäftige Dich nur mit Dir selbst - meditiere, mach Yoga, nimm ein Bad, lies ein Buch. Gerade jetzt brauchen wir diese Auszeiten vom Außen mehr denn je.
Wenn wir Dinge immer nur tun, um ein Ergebnis zu erzielen sind wir nicht im Frieden mit uns selbst. Dann rennen wir durchs Leben um möglichst viele gute Ergebnisse zu erzielen aber verlieren uns selbst und unsere Bedürfnisse vollkommen, aus den Augen. Wir richten den Fokus auf das Ergebnis und vergessen dabei völlig, dass das was wir tun uns eigentlich glücklich und zufrieden machen soll. Der Spaß den wir auf dem Weg haben, sollte immer mehr Wert sein als auf Biegen und Brechen ein Ergebnis zu erzielen. Wir brauchen mehr Leichtigkeit in unserem Leben und weniger Druck und Schwere, gerade jetzt in Zeiten, in denen es im Außen schon vor so viel Schwere wimmelt. Mach diese Krise im Außen nicht zur Krise in Dir.
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